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Die Cloud steht erst am Anfang ihrer 
Nachhaltigkeitsreise

von Redaktion
German Santini mit Fahrrad neben einem bepflanztem horizontalen T der Telekom
German Santini reflektiert das Wechselspiel zwischen Cloud und Nachhaltigkeit. 
 

In diesem Artikel lesen Sie,

  • welche Vorteile die Cloud bietet, um Nachhaltigkeitsziele von Unternehmen zu erfüllen,
  • warum die Nachhaltigkeitsreise für Cloud-Provider erst beginnt
  • und was die Open Telekom Cloud konkret in puncto Nachhaltigkeit erreicht hat und was weiter geplant ist.


German Santini ist seit 2023 für Nachhaltigkeitsaspekte der Open Telekom Cloud verantwortlich. Gemeinsam mit Kollegen aus dem Betrieb und den Rechenzentren verfolgt er zwei Hauptziele: eine weitestmögliche Transparenz über den erzeugten Carbon Footprint der Open Telekom Cloud und eine dauerhafte Reduktion der CO2-Emissionen. Wir sprachen mit ihm über das Thema Nachhaltigkeit, die Cloud und welche Möglichkeiten Cloud-Provider haben, Emissionen weiter zu reduzieren.

German, lass uns beim Thema Nachhaltigkeit beginnen. Warum müssen sich Cloud-Provider damit beschäftigen?

Nachhaltigkeit ist natürlich nicht nur ein Thema für Cloud-Provider. Zum Glück besteht mittlerweile weitgehend Konsens darüber, dass wir etwas tun müssen, wenn wir unsere Erde lebenswert erhalten wollen. Das heißt: Jeder muss seinen Beitrag leisten. Aber als Cloud-Provider sind wir hier in einer besonderen Verantwortung. Denn IT trägt – je nach Studie – mit 2 bis 3,5 Prozent zum CO2-Ausstoß bei und IT ist heute praktisch in jedes Business direkt oder indirekt integriert. Das heißt: Wir haben eine große Hebelwirkung. Immer mehr Cloud-Nutzer verstehen das und erwarten von uns Beiträge, um ihren Carbon Footprint zu reduzieren. Sie fordern aber auch uns heraus, immer besser zu werden. Zugleich sehen wir einen Trend dahin, dass die gesellschaftlichen Erwartungen auch in konkrete Regularien gegossen werden.

Die Cloud wird häufig als eine Art Stein der Weisen verkauft, der die Nachhaltigkeitsanforderungen im Alleingang lösen kann …

(lacht) Das ist natürlich so nicht ganz richtig. Fakt ist: Die Cloud hat einen systemischen Vorteil gegenüber klassischen On-Premise-Infrastrukturen. Die gepoolte Architektur und Verwaltung mit der automatisierten, bedarfsgerechten Bereitstellung von Ressourcen ist viel effizienter. Gegenüber herkömmlichen Bereitstellungsmodellen kann die Cloud klar punkten mit einem geringeren Carbon Footprint bei gleicher Leistung. Aber die Cloud ist letzten Endes nur eine Komponente der IT. Und allein auf den Lorbeeren des systemischen Vorteils sitzen zu bleiben, reicht meines Erachtens nicht.

Warum nicht?

Aus meiner Sicht müssen Cloud-Anbieter – auch weil sie diesen großartigen Hebel für Abertausende von Kunden haben – ständig daran arbeiten, ihre Plattform energieeffizienter zu gestalten. Und das endet eben nicht damit, dass wir Strom aus erneuerbaren Energien einkaufen oder uns alternativ mit Zertifikaten freikaufen. Aus meiner Sicht sind Maßnahmen notwendig, Energie gar nicht erst zu verbrauchen bzw. weniger CO2 auszustoßen.

Was können Cloud-Anbieter noch tun?

Zusätzlich zu erneuerbaren Energien spielt vor allem das Design bzw. die Weiterentwicklung der Rechenzentren eine entscheidende Rolle. Moderne Rechenzentren mit einem geringem PUE (Power Usage Effectiveness)-Wert, die weniger Strom für „Overhead“-Leistungen wie Klimaanlagen und Kühlung verbrauchen, sind der nächste Schritt zu einem geringeren Carbon Footprint. Auch das ist weithin erkannt und viele Cloud-Provider gehen diesen Weg, bauen neue Rechenzentren. Nichtsdestotrotz sollten wir immer im Hinterkopf behalten, dass der Bau neuer Rechenzentren negative Auswirkungen für die Umwelt hat. Wir müssen also vor allem auch ein Augenmerk auf die Optimierung der vorhandenen Rechenzentren legen.

Der Fokus liegt also auf der Optimierung?

Die eigentliche Arbeit für ein echtes Green-IT-Commitment beginnt bei den existierenden Rechenzentren. Cloud-Provider müssen den beschwerlichen und komplizierten Weg gehen, ihre IT-Produktion ständig weiter zu optimieren. Das bedeutet im ersten Schritt aber auch, dass sie auch im Detail wissen müssen, welche Komponenten wie viel Energie verbrauchen. Es gibt heute schon Richtlinien, die über einfache Werte wie den PUE hinaus schauen. Ein Beispiel ist die der Europäischen Kommission, die uns kürzlich den EU Code of Conduct Award verlieh. Sie erwarten glaubwürdige Nachhaltigkeitsstrategien für die Rechenzentren und evaluieren die tatsächliche „Sustainability Practice“.

Was bedeutet das?

Das bedeutet zum einen, dass geprüft wird, wie effizient Kühlsysteme eingesetzt werden, wie das Rechenzentrum konzipiert und betrieben wird. Oder auch: Wie das Reporting erfolgt und welche weiteren Maßnahmen geplant sind, um den Betrieb effizienter zu gestalten.

Kannst Du diese „Sustainability Practice“ an einem Beispiel für die Cloud erläutern?

Wir hatten ja bereits über die effiziente, bedarfsgerechte Bereitstellung von IT-Ressourcen gesprochen. Was Nutzer normalerweise nicht wissen, ist: Damit Ressourcen tatsächlich adhoc verfügbar sind, müssen diese im Rechenzentrum startbereit vorgehalten werden. Das bedeutet: Sie verbrauchen Strom – auch ohne dass sie genutzt werden. Nur um das Cloud-Erlebnis zu garantieren. Die Kenntnis des Nutzerverhaltens und die Optimierung, d.h. Verringerung dieser vorgehaltenen Ressourcen ist gelebte Sustainability Practice. Zudem generiert die flexible Nutzung der Cloud-Ressourcen „Lücken“ in der Plattform – die Hardware wird nicht voll ausgelastet. Auch hier müssen Cloud-Provider intelligente Wege finden, um diese „Auslastungslücken“ zu schließen.

Welche guten Sustainability Practices für die Cloud siehst Du darüber hinaus?

Cloud-Anbieter müssen auch den Lebenszyklus ihrer Hardware komplett zu Ende denken: Was geschieht mit Komponenten, die „End of Lifecycle“ sind? Werden Sie wiederverwertet oder außerhalb des Unternehmens weitergenutzt? Gehen Sie in die Kreislaufwirtschaft? Ein weiteres „heißes“ Thema ist die Erhöhung der Temperaturen im Rechenzentrum.

Das ist eine Forderung des Energy Efficiency Act …

Genau. Aktuell werden Rechenzentren in der Regel bei 18 bis 21° Celsius betrieben. Der Energy Efficiency Act, der aktuell in der Abstimmung ist, fordert von Rechenzentrumsbetreibern eine durchschnittliche Einsparung von 1,5 Prozent der verbrauchten Energie. Dies soll durch eine weitere Erhöhung der Temperatur auf 24° C erreicht werden. Aber das lässt sich nicht so einfach bewerkstelligen.

Wie ist das bei der Open Telekom Cloud?

Wir betreiben unser Rechenzentrum in Biere/Magdeburg derzeit bei 22°C und aktuell evaluieren wir eine weitere Erhöhung der Temperatur.

Was habt Ihr in puncto Nachhaltigkeit schon erreicht?

In puncto Nachhaltigkeit haben wir große Fortschritte gemacht. Unser Engagement für umweltverträgliche Praktiken zeigt sich in der Einhaltung der Scope-2-Richtlinien des GHG-Protokolls (Green House Gas). Nach etablierten marktbasierten Kennzahlen sind unsere Scope-2-Emissionen gleich null, und unsere Scope-1-Emissionen sind seit 2021 vernachlässigbar. Einfach ausgedrückt: Unsere Energieversorgung (Scope 2) kann getrost als emissionsfrei bezeichnet werden. Diese Leistung ist das Ergebnis unserer gezielten Investitionen in Stromabnahmeverträge, die den Industriestandards entsprechen. Unser Ziel ist es zwar, auch vor Ort saubere Energie zu erzeugen, aber unsere derzeitige Praxis der Beschaffung sauberer Energie spiegelt unser Engagement für eine nachhaltige Entwicklung wider. Wir arbeiten nicht nur aktiv an der Verringerung unserer Emissionen, sondern investieren auch in saubere Energie für alle und arbeiten gemeinsam an einer grüneren Zukunft.
Im ersten Quartal 2023 konnten wir darüber hinaus unseren Energieverbrauch spürbar und messbar senken, weil wir unsere Hardware intelligent nutzen und geringere Ressourcen vorhalten. Wir setzen also die Ideen um, die ich vorher beschrieben habe.

„Spürbare Senkung des Energieverbrauchs“ – was bedeutet das konkret?

In absoluten Zahlen sind das ca. 250 MWh, die wir jeden Monat einsparen. Das entspricht einer Reduktion von etwa 96 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Monat (1152 Tonnen pro Jahr) auf der Grundlage des für Deutschland angegebenen Energie-Emissionsfaktors (385 kg CO2e/kWh). Das ist die Menge, die bei etwa einer Million Auto-Kilometer pro Monat entsteht. Wenn wir diese Emissionen ausgleichen wollten, anstatt an Strategien zur Emissionsminderung zu arbeiten, bräuchten wir über 52.000 ausgewachsene Bäume pro Jahr. Das macht deutlich, warum Strategien, die ausschließlich auf Kompensationsmaßnahmen beruhen, nicht praktikabel sind – oder nachhaltig, wenn wir das Wortspiel machen wollen.

Was tut die Open Telekom Cloud noch?

Wir verlängern den Lebenszyklus der Hardware weitestmöglich. D.h. wir setzen „alte“ Hardware im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten weiter für nicht-produktive Workloads ein. Wenn wir Hardware ausrangieren, dann geben wir sie an Partner, die sie entweder für ein „zweites Leben“ weiterverkaufen oder in den Wertstoffkreislauf zurückführen. Wir schauen also über den eigentlichen Betriebszeitraum hinaus und setzen auf die Kreislaufwirtschaft.

Scheint so, als ob eine nachhaltige Entwicklung der Open Telekom Cloud für Euch wichtig ist …

Definitiv! Für uns ist Nachhaltigkeit ein Prio-Thema. Ich persönlich finde es sehr ermutigend, dass ich kein Einzelkämpfer bin, sondern dass die Kollegen die Nachhaltigkeits-Initiativen mittragen und eigene Ideen entwickeln. Ich bin zuversichtlich, dass wir auf dieser Basis noch mehr Nachhaltigkeitspotenziale finden und ausschöpfen können. Davon profitieren letzten Endes auch unsere Kunden.

Über German Santini

Die beruflichen Erfahrungen von German waren immer eine seltsame Mischung aus Technik und Natur. Er begann seine Berufslaufbahn mit praktischer Elektronik und Satellitentechnik in Südamerika, nach und nach wagte er sich in die IT. Er arbeitete zunächst als IT-Administrator, später als infrastrukturübergreifender Architekt, wo er seine ersten großen Entscheidungen für energieeffiziente Verfahren traf. Danach arbeitete German als Integrator an der Schnittstelle zwischen Kunden, Vertrieb und Delivery-Einheiten, eine Rolle, die ihn mit verschiedenen branchenspezifischen Herausforderungen und disruptiven Technologien wie KI, IoT, 3D-Druck und Cloud in Berührung brachte.

Germans europäische Berufsphase begann im Jahr 2022, als er nach Deutschland auswanderte. Seitdem beschäftigt er sich mit präventiven Wartungslösungen und arbeitet an der Messung und Reduktion von Cloud-Emissionen mit. Jetzt, bei der Open Telekom Cloud, widmet er sich voll und ganz der Förderung der Nachhaltigkeit in der IT-Welt – die erste Rolle, die seine Leidenschaften perfekt vereint.

Der Nachhaltigkeitsmanager engagiert sich persönlich und beruflich stark für Nachhaltigkeit. Neben seiner Arbeit setzt er sich für einen nachhaltigen Lebensstil ein und gibt Einblicke in das Recycling, die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks und vieles mehr. Derzeit schließt German einen Master of Science in nachhaltiger Entwicklung ab, mit einem starken Fokus auf der Integration von Privatpersonen und Bürgern, um bessere, langfristige Lösungen zu fördern, die die Lebensqualität verbessern und die Umweltbelastung reduzieren.


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