Mehrere tausend Bilder täglich analysieren Radiologen. Eine Flut an Magnetresonanztomographie-Aufnahmen (MRT), auf denen sie gutartige von bösartigen Tumoren unterscheiden müssen. Und das schnellstmöglich, um Patienten eine genaue Diagnose zu stellen. Oft holen sie sich eine zweite Meinung bei anderen Medizinern ein. Was wertvolle Zeit kostet. Wie wäre es, wenn Radiologen bei der Analyse der Aufnahmen Unterstützung erhielten – etwa mit Hilfe künstlicher Intelligenz?
Arzt aus der Cloud: Digitalisierung erobert Medizin
Dieser Frage ist das Hamburger Start-up Fuse-AI nachgegangen und hat einen Algorithmus entwickelt, der Tumore auf MRT-Bildern erkennt. Die künstliche Intelligenz analysiert die in die Open Telekom Cloud übertragenen Bilddaten und markiert mögliche Karzinome. Diese klassifiziert sie in gut- oder bösartig und sendet die Bewertungen an den Arzt zurück. „Ziel ist es, Radiologen mit einer computergestützten, zweiten Meinung die Arbeit zu erleichtern und die Diagnosen unter dem Strich noch zuverlässiger und treffsicherer zumachen“, sagt Maximilian Waschka, einer der vier Gründer von Fuse-AI.
Nur ein Beispiel, das zeigt, wie digitale Werkzeuge längst dabei sind, auch die Medizin zu revolutionieren. Roboter unterstützen an den Kliniken Essen-Mitte Ärzte an OP-Tischen, elektronische Krankenakten verbessern den Austausch unter Ärzten und Patienten können per App einen Arzt konsultieren. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat im Auftrag der Techniker Krankenkasse herausgefunden: 42 Prozent der Befragten würden sich online Rezepte ausstellen lassen. Und jeder vierte würde einen Arzt per Video konsultieren.
Auf diesen Trend reagiert das Münchener Start-up TeleClinic, das Sprechstunden aus der Cloud bei maximaler Datensicherheit anbietet. Rund 200 Ärzte aus 30 Fachrichtungen – von Kardiologie bis Orthopädie – können Kunden des Start-ups rund um die Uhr konsultieren. „Vertrauen ist in der Gesundheitsbranche das A und O“, sagt Patrick Palacin, einer der Gründer und Chief Technology Officer (CTO) bei TeleClinic. Deswegen bezieht das Start-up IT-Ressourcen aus der Open Telekom Cloud, die in den hochsicheren Rechenzentren der Telekom in Deutschland betrieben wird.
Ob Cloud oder künstliche Intelligenz: Die Digitalisierung revolutioniert die Gesundheitsbranche. Davon profitieren nicht nur Patienten durch telemedizinische Beratung. Auch Ärzte sehen einen Vorteil in e-Health, etwa durch den Austausch von elektronischen Krankenakten. Die Umfrage der Techniker Krankenkasse zeigt: 67 Prozent der Befragten befürworten die Weitergabe ihrer Daten. Und sogar 93 Prozent halten eine elektronische Gesundheitsakte für sinnvoll. „Elektronische Patientenakten ermöglichen eine schnellere und effizientere Krankenbehandlung und können in den kommenden fünf Jahren die Kosten für die Gesundheitssysteme weltweit um 80 Milliarden Dollar senken“, sagt Thilo Kaltenbach, Partner von Roland Berger.
Den Wert von Big Data – und vor allem von Patientendaten – hat auch das Start-up BioVariance erkannt. Geschäftsführer Josef Schreiber sagt: „Es gibt sieben Milliarden Menschen. Jeder reagiert anders auf ein Medikament.“ Umso wichtiger, die biologischen Daten von Patienten genau zu analysieren. Und genau das bietet BioVariance. Über eine Cloud-Lösung analysiert das Start-up medizinische Daten und will damit etwa die Medikamentenvergabe an jeden Patienten individuell anpassen.
Das Bundesministerium für Forschung unterstützt diese Entwicklung finanziell. „Unsere Vision ist es, dass jede Ärztin und jeder Arzt, egal ob in Kliniken, Haus- oder Facharztpraxen, alle verfügbaren Erfahrungswerte und Forschungsergebnisse auf Knopfdruck abrufen und in die Therapieentscheidungen einbeziehen kann“, sagt die ehemalige Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. „Dadurch werden die Patientinnen und Patienten zukünftig noch besser beraten und therapiert.“